Seit geraumer Zeit haben allseits bekannte Parteien und Gruppierungen ein Thema, an dem die ganze Zukunft des christlichen Abendlandes hängt: das Kopftuch, und zwar nur das Kopftuch der Musliminnen, egal in welcher Variante auch immer.
Im Namen der Freiheit und der Demokratie muss Frauen, und zwar nur den muslimischen Frauen, die Freiheit, sich nach eigenen Vorstellungen zu kleiden, verboten werden.
Jetzt ist aber heute noch in Teilen Österreichs das Tragen eines Kopftuchs für viele Frauen eine Selbstverständlichkeit: eine kroatische Witwe im Burgenland ohne ihrem schwarzen Kopftuch ist unvorstellbar. Von Nonnen in ihrer Ordenstracht ganz zu schweigen. Oder Frauen bei der Feldarbeit: Kopftuch als Sonnenschutz. Im Salzburgischen: die Goldhauben. Übrigens: Als in einer Gemeinde die erste Farbige eine Goldhaube trug – uh, war das ein Aufschrei!
Andersrum: in der Gastroküche: Haarbedeckung für Köche wie Köchinnen zwingend vorgeschrieben. Oder im Medizinbereich. Und und und.
Da wären wir bei einer weiteren Skurrilität dieser Debatte: Die Kippa der Juden: außer Diskussion. Der Turban der Sikhs: außer Diskussion.
Auch traditionell arabisch gekleideten Männern wurde das noch nie vorgeworfen. Und in meiner Jugend war das Palästinensertuch auch ein politisches Statement.
Ich denke, es kommt nicht von Ungefähr, dass der Kampf gegen das muslimische Kopftuch aus jenen gesellschaftlichen Kreisen kommt, die einem traditionellen Frauenbild anhängen: Frau hat hübscher Aufputz zu sein, für Haushalt und Kindererziehung zu sorgen. Wie hieß es erst kürzlich in einem österreichischen Wahlkampf: Frauen mögen doch bitte dem „Brutpflegetrieb“ genüge zu tun.
Und wenn Beruf, dann Sekretärin, die für das Wohl des Chefs sorgt und ihn mit Kaffee versorgt, vielleicht auch mit mehr…
Meine Kirche macht da leider keine rühmliche Ausnahme: eine Kollegin erzählte, dass sie, als Akademikerin und Theologin, für Ausschneiden von Osterhasen und Putzen der Kirche vorgesehen war. Begründung: Wozu haben wir denn eine Pastoralassistentin!
Ich bin ja nun mal katholischer Theologe und kein Koran- und Islamexperte. Aber wenn meine Informationen stimmen, dann haben zu Beginn des Islam nur adelige Frauen das Recht gehabt, ein Kopftuch zu tragen, wobei gar nicht klar ist, wie das aussah. Erst so ungefähr 150 bis 200 Jahre nach Mohammed haben sich auch die nichtadeligen Frauen das Recht erkämpft, ebenfalls ein Kopftuch zu tragen.
Zumindest damals war es ein Stück Würde, das sich die ärmeren Musliminnen erkämpft haben.
Was jedenfalls eindeutig ist: Im Koran wird das Kopftuch an sich nirgends erwähnt. Das Gebot lautet bloß: Die Frau soll ihre Schönheit nicht zur Schau stellen.
Da dieses Verhüllungsgebot für die „Schönheit“ der Frau gilt, und das erst ab der Menarche, so ist offensichtlich, dass nicht die Haare gemeint sind, sondern jene Schönheit der Frau, die erst nach der Menarche entsteht – und für viele Männer durchaus „einen Blick wert ist“: die Brust. Diese wid in der entsprechenden Surre auch explizit genannt.
Ich war einige Zeit in Indien, und auch dort wird, besonders bei ärmeren Frauen, die nur ein Stück Stoff besitzen, Brust und Haupthaar in einem mit dem Sari bedeckt. Egal ob Hindufrauen oder Musliminnen.
Aber, so höre ich jetzt sofort den Aufschrei: das ist ja ganz etwas anderes! Bei den Musliminnen sind es ja die Männer, die ihre Frauen einsperren, sie nicht Deutsch lernen lassen, und ihnen das Kopftuch aufzwingen.
Ja, die gibt es auch. Aber bei Gott nicht nur bei den Muslimen. Eine unserer Nachbarinnen erzählte uns, ihr Exmann hätte sie wie ein Püppchen gehalten, sie nicht allein auf die Straße gelassen und ihr verboten, Deutsch zu lernen. Heute ist sie geschieden, geht immer mit ihrem Hund spazieren, und gelegentlich geht sie in die Messe. Sie ist nämlich Russin und orthodox.
Ich kenne aber auch einige Österreicherinnen, denen die Übersexualisierung unserer Gesellschaft dermaßen gegen den Strich geht, dass sie, ganz ohne Mann, zum Islam konvertierten, und ganz stolz ihr Kopftuch tragen.
Und das trifft sich so ganz eigentümlich – und zutiefst menschlich – mit der Praxis unter Migrantinnen und Migranten: Wenn ich in ein fremdes Land mit einer fremden Kultur ziehe, bekommen Traditionen der alten Heimat oft eine überraschende Neuinterpretation. Vor allem dann, wenn diese Traditionen nicht wirklich verwurzelt sind und nur eine äußerliche Praxis darstellen.
Da können dann Details ganz eigentümlich aufgeladen werden. Eine neue Bedeutung bekommen, die ihnen ursprünglich vielleicht sogar fremd war.
Aber auch bei der Bevölkerung de neuen Heimat können Details unversehens mit einer Bedeutung aufgeladen werden, die noch vor gar nicht so langer Zeit unvorstellbar waren.
Detail gefällig? Einige humoristisch begnadete Menschen streuten vor einigen Jahren das Gerücht, dass Muslime planen, auf unseren Bergen das Gipfelkreuz durch einen Halbmond zu ersetzen.
Der Aufschrei war groß, und das besonders bei einer Partei, die für eigentlich ihre kirchenfeindliche Haltung bekannt ist.
Das Gelächter bei den anderen übrigens auch. Denn ein Halbmond auf einem Berggipfel – Österreich wäre das erste Land der Welt mit einem Halbmond auf einem Berggipfel. Und alle Welt würde den Kopf schütteln.
Ich unterstelle jetzt einmal, dass das Kopftuch für viele Muslime zum reinen Identifikationsmal geworden ist, losgelöst von jeder ursprünglichen religiösen Bedeutung. Ich denke, dass viele Rosenkränze oder Kreuze, die in Autos hängen, auch in keinem Zusammenhang mit der Religiosität des Fahrers stehen: die meisten sind entweder reine Dekoration oder aber Ausdruck einer diffusen, fast abergläubischen Haltung: es kann ja nicht schaden.
In Wien sagt man dazu: nutzt es nicht, so schadet es nicht.
Meine Frau unterrichtet in eine Gegend Wiens mit überdurchschnittlich viel Migranten. Und sie hatte schon einmal mit einem Überreligiösen zu kämpfen, der seiner 6-jährigen Tochter das Kopftuch aufzwang. Aber das war einmal in 35 Jahren!
Andererseits: wer kennt nicht die kleinen Damen und Herren, die auf Erwachsen machen wollen? Nur in Österreich wird, und das auf Kosten einer Minderheit, in einem besonderen Fall daraus ein Politikum gemacht.
Und was kam dann: War es Allah´s Rache?
Und dann kam Corona. Und plötzlich hatten nicht nur Musliminnen ihr Gesicht verhüllt, sondern alle wurden per Verordnung aufgefordert, Teile ihres Gesichts zu verhüllen.
Oh- Pardon – der Mund-Nasen-Schutz ist NATÜLICH GANZ ETWAS ANDERES!!! Wie konnte ich das nur vergessen!
Allerdings: die Selbstverständlichkeit, mit der (fast) alle mitmachten bei einer Sache, die noch wenige Tage zuvor total verpönt und angefeindet war, erstaunte gewaltig.
Vielleicht ist die Corona-Pandemie doch nichts anderes als Allahs Rache an jenen, die den Islam aus Prinzip bzw. Populismus bekämpfen wollen?
Eines bin ich mir jedenfalls sicher: Die Engel im Himmel haben wieder einmal allen Grund, von Herzen über die Menschen zu lachen!
I am actually thankful to the holder of this web page who has shared this enormous paragraph at at this place. Emlynn Jeffie Rama