Die Statistiken zeigen, dass die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen in Österreich Anfang 2024 bei rund 1,8 Millionen Personen lag. Dies entsprach einem Anteil von 19,7 % an der Gesamtbevölkerung. Unter ihnen befinden sich auch viele Wahlberechtigte, die am kommenden Sonntag zur Wahl gehen werden, um ihre bevorzugte Partei zu wählen. Allerdings äußern viele von ihnen große Besorgnis über den möglichen Aufstieg der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) an die Macht. Welche Partei bevorzugen Migrant*innen? Warum wächst die Angst vor der FPÖ bei jeder Wahl? Und was könnte geschehen, wenn die FPÖ die Regierung bildet? Diese Fragen sollen in diesem Beitrag beantwortet werden.
Firas Saedaddin, Unternehmer und Bezirksrat

Firas Saeddadin, Bezirksrat für die SPÖ im Bezirk Hernals, meint: „Menschen mit Migrationsbiografie tendieren dazu, jene Partei zu wählen, die sich für ihre Interessen einsetzt und sich besonders für gleiche Rechte engagiert. In diesem Zusammenhang steht die SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs), die sich für Gleichheit und soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft stark macht. Seit ihrer Gründung hat die SPÖ den Humanismus in den Mittelpunkt gestellt. Die Partei spricht besonders Menschen mit Migrationsbiografien an, die generell eher linke Parteien unterstützen. Ein weiterer Punkt, der für die SPÖ spricht und mit dem sich viele identifizieren können, ist ihr Engagement in der Friedensvermittlung zwischen der arabischen Welt und Israel, insbesondere in den 70er Jahren.“
Die Haltung der FPÖ
Die FPÖ steht Migration grundsätzlich nur dann positiv gegenüber, wenn sie dem Nutzen der Republik Österreich dient – sei es im wirtschaftlichen oder im öffentlichen Bereich. Hinsichtlich Asyl und Recht ist die FPÖ jedoch komplett verschlossen. Die Partei fordert generell ein Ende der Zuwanderung, unabhängig davon, ob politische oder kriegsbedingte Gründe vorliegen. Menschen mit Migrationshintergrund und Asylbewerber*innen benötigen Zeit und Integrationsmaßnahmen, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Es braucht Zeit, die Sprache zu lernen und Ausbildungen abzuschließen – für all das hat die FPÖ jedoch wenig bis gar kein Verständnis. Vor allem möchte sie nur wenig oder gar kein Budget für diese Integrationsmaßnahmen bereitstellen.
Saedaddin erklärt: „Die FPÖ spaltet die Gesellschaft durch populistische Propaganda, ohne dabei inhaltliche Lösungen anzubieten. Sie schafft eine Spaltung zwischen jenen, die als ‚Österreicher*innen‘ gelten, und jenen, die schon lange hier leben, aber immer noch als ‚anders‘ wahrgenommen werden. Dieser Graben schadet der Gesellschaft.“
Abdelhamid Kweider, Aktivist und NGO-Engagierter
Abdelhamid Kweider bringt auch Kleinparteien ins Spiel: „Nach der Krise im Nahen Osten neigen viele Migrant*innen dazu, die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) oder die Liste Gaza zu wählen, da sie von anderen Parteien, insbesondere den Grünen und der SPÖ, enttäuscht sind. Insbesondere deren Reaktionen auf die Gewalt im Gazastreifen stoßen auf Kritik. Gleichzeitig gibt es viele Migrant*innen, die als Arbeitnehmer*innen in Österreich tätig sind und die SPÖ bevorzugen, da sie auf bessere Arbeitsrechte wie zusätzliche Urlaubstage oder kürzere Arbeitszeiten hoffen.“

FPÖ und Rassismus
In der Veranstaltung „Meine Stimme zählt“ wurde deutlich, dass die FPÖ eine strikte Haltung gegenüber Zuwanderung und Remigration hat. Ihre Politik betont Abschiebungen und den Schutz der österreichischen Identität, was viele als rassistisch empfinden. Fremdenfeindliche und islamfeindliche Aussagen verstärken diese Ängste. Die FPÖ unterstützt wirtschaftliche Maßnahmen, die die Arbeitsplatzsicherheit von Migrant*innen gefährden könnten. Sie setzt sich oft für Einschränkungen von Sozialleistungen für diese Gruppe ein und erschwert deren Integration in den Arbeitsmarkt, was finanzielle Instabilität und Ungleichheit zur Folge haben könnte.
Eine verstärkte Rhetorik gegen Migrant*innen – auch gegen jene mit österreichischer Staatsbürgerschaft – könnte zu gesellschaftlichen Spannungen führen. Diese könnten die Integration weiter erschweren und das Zusammenleben belasten. Zudem ist mit einer strengeren Asylpolitik zu rechnen, die schnellere Abschiebungen und eine Einschränkung von Minderheitenrechten zur Folge haben könnte.
Unterschiedliche Wahlentscheidungen
F. D. meint:„Österreicherinnen mit Migrationshintergrund entscheiden sich je nach persönlicher Situation, Beruf und sozialem Umfeld unterschiedlich bei der Wahl. Viele Christ*innen mit Migrationshintergrund unterstützen beispielsweise die ÖVP (Österreichische Volkspartei), wenn sie sich stärker mit konservativen Werten, wirtschaftlicher Stabilität oder religiösen Überzeugungen identifizieren. Menschen mit Migrationshintergrund, die sich gut integriert haben, stehen der FPÖ meist ablehnend gegenüber, da sie oft als Problem oder Bedrohung dargestellt werden. Insbesondere die Rhetorik von FPÖ-Politiker*innen wie Herbert Kickl verstärkt Vorurteile, was zu sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung führen könnte.“
Die Besorgnis vor einer FPÖ-Regierung
Sollte Herbert Kickl mit der FPÖ die Regierung übernehmen, könnten für Migrant*innen in Österreich spürbare Veränderungen eintreten. Es könnten strengere Gesetze zur Kontrolle von Migration und Integration eingeführt werden. Die FPÖ könnte versuchen, den Zugang zu Sozialleistungen für Menschen mit Migrationshintergrund zu beschränken und den gesellschaftlichen Druck auf diese Gruppe zu erhöhen. Kickl hat die FPÖ weiter nach rechts geführt und seine Vorschläge zur Abschottung Österreichs und zur Verschärfung der Sicherheitsgesetze schaffen ein Gefühl der Bedrohung für Migrant*innen.
Stimmen von Betroffenen
Zeinab Mohamed, eine Sozialberaterin mit Migrationshintergrund, teilt ihre Sicht folgendermaßen: „Alle Menschen sind gleich. Kein Mensch sollte aufgrund seiner Rasse, Hautfarbe oder Herkunft bevorzugt werden. Qualifikationen und individuelle Fähigkeiten sollten entscheidend sein.“ Zeinab betont, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht unbedingt Angst vor der FPÖ haben, sondern vor den möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen. Sie erinnert daran, dass die FPÖ bereits in der Regierung war und keine ihrer Versprechen erfüllt hat.
Ali A., ein syrischer Flüchtling, der seit fünf Jahren in Österreich arbeitet, äußert ebenfalls seine Besorgnis: „Die FPÖ sieht alle Migrant*innen und Flüchtlinge als unerwünschte Personen, unabhängig von ihrer Situation. „Das ständige Gerede über ‚Remigration‘ versetzt uns in Angst, da unsere Herkunftsländer immer noch vom Krieg geprägt sind.“
Ungewisse Zukunft
Angesichts der bevorstehenden Wahlen herrschen in den Gemeinschaften der Migrant*innen in Österreich gemischte Gefühle von Hoffnung und Angst. Während einige ihre Hoffnungen in jene Parteien setzen, die ihre Rechte verteidigen und Integration sowie Gleichberechtigung fördern, wachsen bei anderen die Sorgen über den Aufstieg der FPÖ und deren mögliche restriktive Politik gegenüber Migration und Flüchtlingen. Fragen der Identität, Staatsbürgerschaft und Integration bleiben im Zentrum politischer und gesellschaftlicher Debatten. Mit jeder Wahl in Österreich stellt sich erneut die Frage: Wie werden die Wahlergebnisse das Leben dieser Menschen in Österreich beeinflussen? Wird ihnen Sicherheit und Stabilität zuteil, oder vergrößern sich die sozialen Gräben weiter?