Meinungen

In der Fremde sein bedeutet mehr zu lernen

Ich habe es nicht gewusst. Ich bin in Wien aufgewachsen, in selben Bezirk in Volks- und Mittelschule gegangen. Habe Fußball gespielt und Freunde gehabt in allerengster Umgebung. Ein bisschen aufmüpfig war ich, als ich krank war habe ich den Rat der Ärzte nicht befolgt. Und bin gesund geworden weil ich das getan habe was sie verboten hatten. Statt still zu liegen und wenig zu trinken, habe ich heimlich Kniebeugen gemacht und das Waschwasser getrunken. Wie später die Wissenschaft erkannte, hat mich das gerettet. Nicht das bequeme Bett macht gesund, sondern Aktivitäten und beharrliche Suche nach Lösungen.

Als Belohnung für meine Matura hat mich mein Vater in ein Auto gesetzt und nach langer fader Fahrt mich aufgeweckt. Mit der Überraschung „Karl, hier bin ich geboren“. Der Schock war nicht verdaut, 100 km weiter im Norden überraschte er mich wieder: Das hier ist das Elternhaus Deiner Mutter. Beide in Böhmen, ich bin ein Migrantenkind. Meine Mutter hieß Hanus, seiner war Navratil. Um der Diskriminierung der netten Wiener zu entgehen – Tschechen waren Diener, und er wollte studieren, hat er den Namen eines Onkels angenommen. In der Schule durfte ich Russisch lernen. Während und nach dem Studium verschlug es mich nach Amerika. Dort lernte ich Leute kennen, die die Bomben über Vietnam ebenso kritisch sahen wie ich. Nicht einmal alle „Amerikaner“ sind gleich.

Ich hoffe dass nicht nur ich selbst profitiert habe von dieser Diversität. Ich versuche immer Freunden, Nachbarn, Student*innen , Flüchtlingen immer zwei drei Wege aufzeigen, wenn es ein Problem gibt. Und ich werde aggressiv werden wenn jemand „my country first“ poltert. Dann im Europäischen Parlament gegen Flüchtlinge hetzt und das wahre Christentum beschwört. Und in der Nacht auf einer Schwulenparty gefunden wird und zu fliehen versucht. Flüchtling zu Coronazeiten in Brüssel aus Ungarn.

Ich kann nachvollziehen was die Betriebswirte heute beweisen: Firmen, die in deren Management beide Geschlechter und mehrere Kulturnen haben sind erfolgreicher als solche mit einem „homogenen“ Team, männlich und von der gleichen Uni haben. Jeder Auslandstrip hilft, jeder Kontakt mit anderen Kulturen erweitert den Horizont.

Das ist nicht immer leicht, mehr Sicherheit hat man und frau zunächst, wenn überall „Einheimische“, sind, Gebräuche bekannt sind. Aber wenn wir hören u n d geben werden wir noch sicherer. Weil alle etwas geben wollen und alle etwas lernen können. Eigentlich sind die meisten Menschen keine Egoisten. Sie suchen bessere Lösungen für ein gutes Leben. Alle wollen etwas zurückgeben wenn sie etwas Angenehmes erfahren. Wer etwas in andere investiert oder hilft, bekommt das doppelt zurück. Von fremden Kulturen zu lernen, das macht Freude.

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Karl Aiginger

Querdenker mit Migrationshintergrund

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