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Sexuelle Belästigung: Frauen erzählen ihre Geschichten 

Ist Sex ohne Heirat zwischen Männer und Frauen in arabischen Ländern wirklich verboten? Warum gibt es so viel sexuelle Belästigung der Frauen auf der Straße, in Geschäften,  Schulen etc.?
Sind die vielen sexuellen Verbote ein Grund dafür, oder gibt es auch soziale Gründe wie Arbeitslosigkeit und Armut?

Wie fühlen sich die betroffenen Frauen, die nach Österreich ausgewandert sind? Haben sie trotz des Lebens in Europa noch eine negative Einstellung zur Sexualität
Junge Frauen sprechen hier offen, aber anonym über dieses tabuisierte Thema.

„Eine Fahrt mit der U-Bahn ohne sexuelle Belästigung ist selten“ – so beginnt N.K., Verkäuferin in einem Geschäft, mit ihrer Geschichte. „Auf dem Weg zur Arbeit nehme ich die U-Bahn das schnellste Verkehrsmittel in Kairo, allerdings ist wegen der sexuellen Belästigung keine gute Wahl.

Beim Gedränge in der U-Bahn passieren schlimme Dinge. Eine Hand an meinem Körper, verstohlene Blicke auf die Brust, das verletzt mich“, sagt N.K. niedergeschlagen „Ich werde als schwächer angesehen,  weil ich eine Frau bin.“

G.N. aus dem Irak erzählt ihre schmerzhafte Erfahrung mit sexuellen Gewalt:
Im Irak ist bekanntlich Sex ohne Heirat zwischen Männer und Frauen verboten, trotzdem passiert es heimlich. G N ist aus sexuellen Gründe vor 6 Jahren nach Österreich geflohen, da sie die Nase voll hatte von der Gewalt  gegen sie. Ich konnte es nicht mehr aushalten, dass ich immer schlechter behandelt wurde“, erzählt die 30 Jährige.

Auch M.A. aus Syrien spricht über ihre Erfahrungen mit sexuellen Belästigung: „Als ich ein Kind war, wurde ich fünf Mal sexuell belästigt. Ich wusste damals nicht, dass das sexuelle Belästigung war. Die meisten Übergriffe waren von Männern gegen Mädchen, als ob Männer vom Gesetz geschützt seien.

Mit 9 Jahren wurde ich das erste Mal missbraucht, als ich im Supermarkt war, da hat der Verkäufer meinen Körper angefasst und mich geküsst, was mich traurig gemacht hat und mir Angst machte. Sex wurde für mich zu etwas Schlechtem.  Die Augen der Passagiere auf der Straße fressen meinen Körper, deswegen habe ich immer Angst, alleine in einem Geschäft zu sein oder auf die Straße zu gehen.

M.A. ist seit 6 Jahren nach Österreich gekommen auf der Suche nach menschlicher Freiheit,  allerdings lebt sie mit schlechten sexuellen Erfahrungen. „In Wien habe ich ein normales Leben, aber  Heiraten ist unmöglich. Ich will mein Leben ohne Sex genießen.“

In den afrikanischen Ländern ist die Mehrheit arm geblieben. Die Männer brauchen immer länger, bis sie genug Geld gespart haben, um heiraten zu können. So sind Generationen sexuell frustrierter junger Männer herangewachsen. Die Männer glauben, dass die Frauen zum Vernaschtwerden auf der Welt sind.

R.S. Rechtsanwältin, ist vor 10 Jahren nach Österreich gewandert, um zu studieren: „Wie jedes Mädchen in Ägypten wurde ich sexuell belästigt, was ich entsprechend unserer Mentalität als Schande empfinde, obwohl ich nicht schuld bin – aber trotzdem“.  R.S. findet, dass die Gesellschaft für Sexualität verantwortlich  ist. „In afrikanischen Länder ist die überwiegende Mehrheit arm geblieben. Männer können wegen des Geldes nicht einfach heiraten, und Sex vor dem Heiraten ist verboten. Deswegen belästigen sie die Frauen, egal ob auf der Straße oder bei einer Fahrt, und in manchen Fällen mit Gewalt.

R.S. erzählt niedergeschlagen von ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung:
„Ich wurde Tag für Tag hundert Mal angemacht, obwohl ich nicht schön bin, aber bei sexuellem Verlangen zählt nicht Schönheit, nur der Körper“. Sie erinnert sich: „Ich habe alles getan, um meinen Körper zu verbergen, trotzdem  sind mir  4 Männer auf der Straße gefolgt und wollten mich zwingen, in ein Auto einzusteigen. Ich habe geschrien, da sind sie weggerannt.“ Ich wollte damals Anzeige erstatten, aber die Familie hat sich unseren zurückgebliebenen Traditionen folgend verweigert. In der arabischen Gesellschaft wird bei  Vergewaltigungen nicht der Täter bestraft, sondern das Opfer“.

Im Endeffekt sagt die Ägypterin: „Ich frage mich ständig, warum ich mich meiner Gesellschaft nicht zugehörig fühle. Bedauerlicherweise lebe ich hier in Österreich mit einer negativen Einstellung zu Sex und will nie heiraten.“

Die tieferen Wurzeln jedoch liegen in dem traditionellen Frauenbild der arabischen Welt und ihrer  Mentalität, der zufolge sexuelle Belästigung von Frauen selbstverständlich ist.

Aus Afghanistan  gibt es ebenfalls immer wieder Geschichten über die sexuelle Belästigung  und die Vergewaltigung von Frauen.

Masoma B. lebet in Wien seit 5 Jahren mit Ihrer Mann und einem Sohn, die 27 Jährige  sagt“ Die meisten Übergriffe werden von Ehemännern verübt, in Form von Zwangsverheiratung und sexueller Gewalt. Mädchensind gezwungen, unter 10 Jahren zu heiraten. So ist es normal bei uns.“

Die 37-jährige Ägypterin  M. lebt in Wien, allerdings hat sie vor den jungen Männern  Angst , wenn sie in Ägypten allein  auf der Straße geht. „Jedes Jahr fahre ich mit meiner Familie nach Ägypten, aber trotz Heimweh habe ich  immer Angst, auf die Straße zu gehen, weil die Gefahr sexueller Belästigung immer da ist“.

Die Täter werden nicht bestraft. Männer beschuldigen vielmehr die Frauen, weil sie durchsichtige oder enge Kleidung tragen, was mich ärgert.

M. erzählt: „Ich kenne von sexueller Belästigung betroffene  Mädchen, die aus Furcht vor dem Skandal schweigen statt ihre Rechte zu verteidigen, als ob sie selbst die Täterin wären. So hört der Täter auf nicht auf, Frauen und Mädchen sexuell zu belästigen.“

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Hekmat Hanh

Journalistin, Chefredakteurin Die Meinung

One Comment

  1. Solange die Wertschätzung einer Frau nicht gegeben ist, wird sich an den Übergriffen nichts ändern. Der Gedanke, dass im 21. Jahrhundert immer noch die Frau als minderwertige gilt, in manchen Ländern mehr als in anderen, macht einen traurig und ohnmächtig zu gleich.

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